PROPS gehen raus – an Kinder, die professionelles Theater für Kinder machen
Das GRIPS Theater setzt sich seit Jahrzehnten für Kinderrechte und Mitbestimmung ein – im Theater und darüber hinaus. Mit dem Projekt „PROPS gehen raus“ setzt das Haus seine langjährige Tradition der Kinderbeteiligung konsequent fort – und geht sogar noch einen Schritt weiter. Denn im Projekt, das 2023 begann, wurden Kinder von Konsument*innen selbst zu Produzent*innen am Kindertheater: In einem kollektiven Prozess über zwei Jahre schrieben Kinder zwischen 9 und 12 Jahren ihr eigenes Theaterstück, bestimmten über Bühnenbild, Kostüme, Musik und Öffentlichkeitsarbeit – und inszenierten als Regisseur*innen professionelle (erwachsene) Schauspieler*innen auf der Bühne. Eine einmalige Produktion direkt aus Kinderperspektive: „Don’t stop dreaming“ heißt das nun entstandene Stück, das am 12. Juni 2025 Premiere im GRIPS Podewil feiert.
Das Projekt knüpft dabei an den Vorerfahrungen und -arbeiten der Theaterpädagogik des Hauses an, welche Kinderstimmen mehr Raum und Verankerung darüber gab, was wie im GRIPS Theater wie auf der Bühne inszeniert wird. Kindern aber eine ganze professionelle Theaterproduktion zu ermöglichen, ist selbst für das GRIPS eine ungewöhnliche, aber bereichernde Möglichkeit, junge Menschen in die Entscheidungspositionen zu bringen, die normalerweise nur Erwachsenen vorbehalten sind.
Alles anders: Kinder empowern, Strukturen öffnen
Im ersten Projektjahr lag der Fokus vor allem darauf, den Kindern ein vertieftes Verständnis von Theater als Betrieb zu geben und es sich als Medium anzueignen, um eigene Geschichten auf die Bühne zu bringen. Im Herbst 2023 fand die erste große Projektwoche statt. Rund 60 Kinder konnten sich in fünf zentralen Theatersparten ausprobieren: Regie, Text, Bühne/Kostüm, Schauspiel und Musik. Die Ergebnisse der Workshops wurden dokumentiert und bildeten das kreative Fundament für das weitere Projekt. Im Anschluss wurde ein kleinerer Kreis von 20 Kindern gebildet, der sich tiefer mit Theaterinszenierungen auseinandersetzte und sich die Bereiche des Theaters aneignete.
In der zweiten großen Projektphase im Herbst 2024 kamen erneut 60 Kinder zusammen, diesmal mit dem Fokus auf die Entwicklung konkreter Inhalte. In den Workshops entstanden erste Texte, Musikfragmente, Bühnenkonzepte und Choreografien – alles rund um das Thema Ängste und Albträume, das von den Kindern selbst eingebracht wurde.
Ab November 2024 bildeten 15 Kinder das finale Produktionsteam. Gemeinsam mit Autor*in To Doan entwickelten sie erste Fassungen des Stücks und die Figuren wie Kai, Sascha und Ten wurden geboren. In enger Zusammenarbeit mit dem Leitungsteam und dem Ensemble übernahmen die Kinder ab Februar 2025 Regieaufgaben, erarbeiteten Bühnenbilder und begleiteten die Öffentlichkeitsarbeit. Der Probenplan ist dabei sehr strikt an den schulfreien Tagen, (langen) Wochenenden und Ferien orientiert. Das erfordert vom Leitungsteam und auch von den Kolleg*innen des GRIPS Theaters eine andere Art und Weise zu arbeiten – gemeinsam schauten wir rücksichtsvoll, wie Strukturen für Kinderbeteiligung geöffnet werden können.









Von „Mitmachen“ zu „Mitbestimmen“ – Für ein Theater gegen Adultismus
Ein zentrales Anliegen von „PROPS gehen raus“ ist die Auseinandersetzung mit Adultismus – einem oft unbewussten Machtverhältnis zwischen Erwachsenen und Kindern, bei dem kindliche Perspektiven abgewertet, ignoriert oder übergangen werden. Gerade im Kulturbetrieb, wo Erwachsene meist entscheiden, was „gut“, „richtig“ oder „relevant“ ist, stellt sich die Frage: Was passiert, wenn Kinder nicht nur dabei sind, sondern ernsthaft beteiligt werden und sie die Umsetzung ihrer Meinung direkt erleben?
Das Projekt setzt hier ein deutliches Zeichen. Ob bei der Themenfindung, der Figurenentwicklung, in der Regie oder bei der Öffentlichkeitsarbeit: Die Kinder treffen echte Entscheidungen, übernehmen Verantwortung und gestalten ein Werk, das direkt ihre Sicht auf die Welt zeigt – als relevantes Theaterstück. Und es wird deutlich, dass Kinder in der Lage sind, sich mit komplexen Themen wie Angst, Identität oder gesellschaftlichem Druck künstlerisch auseinanderzusetzen – dafür braucht es vor allem viel Vertrauen. Dieses muss aktiv hergestellt werden. Als Leitungsteam sind wir dabei das Bindeglied, welches diese Gewissheit und Sicherheit in alle Richtungen mit viel Zeit und Zuwendung schaffen: Gegenüber dem GRIPS Theater, den Eltern, den Förderern und vor allem den Kindern. So kann Kinderbeteiligung durch Empowerment und Strukturveränderungen gelingen.
„Don’t stop dreaming“ fokussiert sich dabei auf die Auseinandersetzung mit dem Grenzbereich zwischen Realität und Albträumen: Wem können die drei Figuren Sascha, Kai und Ten eigentlich trauen? Reale Personen mischen sich in die Traumwelt, erträumte Figuren treten plötzlich im Schulunterricht auf. Bald wird es schwierig zu unterscheiden. Zwischen Realtität und Fiktion. Zwischen kuscheliger Träumerei und Albtraum. Was eben noch Spiel war, kann jederzeit kippen.
Das GRIPS Theater und seine Mitarbeiter*innen beweisen erneut: Wer jungen Menschen echte Verantwortung überträgt, bekommt überraschend professionelle, kreative und berührende Ergebnisse zurück. Und er hilft mit, Machtverhältnisse im Theater kritisch zu betrachten und sich als laufender Theaterbetrieb weiterzuentwickeln.
Mehr zum Projekt
- Ausführliche Informationen gibt es auf der Homepage des Projekts „PROPS gehen raus“
- Spieltermine und Karten auf der GRIPS-Homepage.
- Erste Eindrücke vom Beginn des Projekts haben wir zusammengefasst im ersten Blogbeitrag zu PROPS GEHEN RAUS.
- Videos vom Probenprozess sind auf der Vimeo-Seite des Projekts!
Fotos: Sabine Alex