Welche Konsequenzen haben die geplanten Kürzungen im Kulturetat?

Berlin muss sparen, ganz konkret 3 Milliarden. Momentan sieht es so aus, dass der Kulturetat um generell 10% gekürzt werden wird. Doch der beträgt gerade mal 2,5% des Gesamthaushalts sprich die Einsparungen werden kaum etwas zu den fehlenden 3 Milliarden beitragen, aber der vielfältigen Berliner Kultur, eines der Alleinstellungsmerkmale unserer Stadt, irreparabel schaden. Am 16. Oktober 2024 veranstalten die Berliner Kulturschaffenden einen Aktionstag, um darauf aufmerksam zu machen, die Kampagnenseite #BerlinistKultur informiert über alle Aktivitäten. Hier findet man auch diverse Möglichkeiten, uns zu unterstützen, ob in Form eines Briefs an die Politik oder mit der Petition (siehe QR-Code).



GRIPS-Leiter Philipp Harpain zu den möglichen Folgen für das GRIPS
„Das GRIPS ist seit Jahren erprobt, mit Unterfinanzierung umzugehen. Jetzt noch einmal 10 Prozent zu streichen, stellt uns vor eine fast unlösbare Aufgabe. Unser Etat beträgt etwas über 5 Millionen Euro, was wenig ist für 425 Vorstellungen pro Jahr und rund 85.000 Zuschauer*innen.
Die Kostensteigerungen haben unseren künstlerischen Etat schon angegriffen, allein durch die Inflation in den letzten zwei Jahren hatten wir rund 100.000 Euro weniger zur Verfügung. 2023 haben wir die Gagen auf den angehobenen Mindestbetrag erhöht, damit die Schauspieler*innen ihre Lebenshaltungskosten bestreiten können; und trotzdem bleiben die Gehälter im gesamten Kinder- und Jugendtheater am untersten Rand. Der Senat hatte uns die Übernahme dieser Mehraufwendungen eingeplant, aber vor der Sommerpause wurden die Gelder aufgrund der Haushaltslage wieder gestrichen. Also bezahlen wir die Erhöhungen letztlich aus dem Produktionsetat, der aber nur knapp fünf Prozent unseres Budgets ausmacht.
Den Eigenanteil können wir kaum mehr steigern, wir erwirtschaften bereits 20 Prozent unseres Etats selbst. Mehr geht nicht im Kinder- und Jugendtheater. Schließlich können wir von Schulklassen nicht dieselben Eintrittspreise wie für Abendvorstellungen erwarten.
Künstlerisch produzieren könnten wir bei zehn Prozent Kürzungen nichts mehr, wir müssten Mitarbeiter*innen entlassen, den Spielplan ausdünnen und Repertoirestücke absetzen. Aber was wäre das GRIPS ohne „Die Millibillies“, „Ab heute heißt du Sara“ oder „Linie 1″ im Sinne der Politik oder des Publikums? Im Kinder- und Jugendtheater brauchen wir außerdem die aktuellen Stoffe auf der Bühne. (…) Im GRIPS geht es immer darum, den Raum zu geben, damit junge Menschen zu mündigen Erwachsenen werden, die sich selbst eine Meinung bilden können.
Kürzungen sind eine politische Entscheidung! Berlins Kulturetat ist im Verhältnis zum Gesamtetat nicht sehr groß. Wie viele Institutionen und Künstler*innen die Kürzungen beträfen und wie groß der Imageschaden wäre, das wiegt sich überhaupt nicht auf. Joe Chialo als Kultursenator sollte sich jetzt deutlich vor den Kulturbetrieb und die Freie Szene stellen. Und, ehrlich gesagt, glaube ich, dass die Berliner Politik genug „Grips“ hat und den Mut findet, die Kürzungen in Kultur und Bildung schnell wieder zurückzunehmen.“
Veröffentlichung des Interviews mit freundlicher Genehmigung von nachtkritik.de, das gesamte Interview mit Philipp Harpain sowie weiteren Theaterleitungen gibt es zum Nachlesen bei nachtkritik.de)

Aus dem gemeinsamen Brief der Kulturschaffenden an die Berliner Politik:
„…Wir fordern Sie auf, die angekündigten Kürzungen nicht umzusetzen und zurückzunehmen. Denn die vielfältige Kulturlandschaft ist ein bedeutender Standortfaktor Berlins, kommt einem Großteil der Bevölkerung zugute, hat Besucher*innen aus allen Altersschichten und Gäste aus der ganzen Welt. Sie prägt Berlins Image, auch und gerade im Vergleich mit anderen deutschen sowie internationalen Metropolen.
Hier, wie aktuell angekündigt, zu kürzen, ist eine kultur- und finanzpolitische Fehlentscheidung. Wie viele Institutionen und Künstler*innen über die gesamte Kulturszene hinweg die Kürzungen schmerzhaft beträfen und wie groß der Imageschaden wäre, ist angesichts der Tatsache, dass der Anteil des Kulturetats am Gesamthaushalt nur um 2,5% beträgt, unverhältnismäßig. Es drohen irreparable Schäden. Dies wäre nicht nur ein Verlust für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, sondern Berlin droht einen Teil seines Gesichts und seiner Strahlkraft – die Kultur – abzuschaffen. Dies kann nicht im Sinne Ihrer Politik sein.
Wir bitten Sie: Nehmen Sie die angekündigten Kürzungen zurück! Unterstützen Sie uns fraktionsübergreifend mit der Forderung nach dem Erhalt der Kultur Berlins in seiner ganzen Vielfalt!.“
Die Unterzeichnenden (Stand 14.10.24):
Arbeitskreis der Berliner Kinder- und Jugendtheater, Berlin Music Comission, Berliner Kulturkonferenz, Berliner Literaturkonferenz, berufsverband bildender künstler*innen berlin e.V. (bbk), CLUBCOMISSION, Deutscher Bühnenverein Berlin, Genossenschaft Deutscher Bühnenangehöriger (GDBA), Deutscher Tonkünstlerverband Landesverband Berlin e.V., Festiwelt – Netzwerk Berliner Filmfestivals, Freie Ensembles und Orchester in Deutschland e.V., IG Jazz, initiative neue musik berlin e.V., Koalition der Freien Szene Berlin, kulturhungrig (Zusammenschluss der Freundeskreise von 10 Berliner Bühnen), LAFT Berlin – Landesverband freie darstellende Künste Berlin e.V., Landesmusikrat Berlin e.V., Netzwerk Freie Literaturszene Berlin, Netzwerk freier Berliner Projekträume und -initiativen e.V., NETZWERT – Das Netzwerk der Berliner Resilienz-Dispatcher:innen, Offensive Tanz für junges Publikum, Rat für die Künste,Szenografie-Bund e.V., Vereinigung deutscher Opern- und Tanzensembles (VdO), VÖBB Verbund der Öffentlichen Bibliotheken Berlins, unisono Deutsche Musik- und Orchestervereinigung e.V., Zeitgenössischer Tanz Berlin e.V. (ZTB e.V.)
ada Studio für zeitgenössischen Tanz, artspring berlin, Atelierbüro kulturwerk/bbk berlin, A TRANS Projektraum, ATZE Musiktheater, AUGENBLICK MAL – Das Festival des Theaters für junges Publikum, Ballhaus Naunynstraße, Ballhaus Ost, Bar jeder Vernunft, berlin acts: kultur pr, Berliner Ensemble, Berlin Weekly, B.L.O. Ateliers, Brotfabrik Bühne, Brücke-Museum, Büro für Kunst im öffentlichen Raum kulturwerk/bbk berlin, Calamite, Chamäleon Berlin, cie. toula limnaios / HALLE Tanzbühne Berlin, Das weite Theater, Der Meckerchor, Deutsches Theater, DTJung*, Deutsches Technikmuseum Berlin, Die Möglichkeit einer Insel, DiskoBABEL e.V., Enttäusche-Mich Ensemble, Errant Sound e.V., FELD Theater für junges Publikum, Figurentheater Grashüpfer im Treptower Park, Freie Musikschule tRaumstation im RAW SKPZ, Georg Kolbe Museum, GRIPS Theater, Gertraudenhain Spittelmarkt, HAU Hebbel am Ufer, Haus für Poesie, Henrike Iglesias, Heimathafen Neukölln, Komödie am Kurfürstendamm, Klang-Holz e.V., Klangwerkstatt Berlin, KLEINES THEATER, Künstlerhaus Bethanien, Kulturvertretung der 3 Häuser des soziokulturellen Projektezentrums (SKPZ), LAKE Studios Berlin, LesArt – Berliner Zentrum für Kinder- und Jugendliteratur, Initiative LUNA PARK e.V., Internationales Kulturcentrum ufaFabrik e.V., Kultur Büro Elisabeth, Maxim Gorki Theater, Puppentheater-Museum Berlin, RambaZamba Theater, Renaissance Theater, Richten25, Schwules Museum, Tanzbüro Berlin, Tanzfabrik Berlin, TanzZeit/TANZKOMPLIZEN, Theater an der Parkaue,Theaterdiscounter, Theater Jaro, Theater o.N., Theater Morgenstern, Theater Thikwa, Topographie des Terrors, Tipi am Kanzleramt, Schaubude Berlin, Schaubühne, Sophiensæle, Staatsballett Berlin, Studio für unendliche Möglichkeiten GmbH, Uferstudios, Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, WerkStadt Kulturverein e.V., Zentral- und Landesbibliothek Berlin (ZLB)