Ein Gespräch mit Oana Cîrpanu und Luca Hieret über ihren Artikel für die Fachzeitshrift ixypsilonzett.
„Banda Agita“ ist der Jugendclub der GRIPS Werke e.V in Kooperation mit dem GRIPS Theater, der seit über 20 Jahren in jeder Spielzeit eine eigene Stückentwicklung auf die Bühne bringt. Geleitet wird dieser seit der Spielzeit 2018/2019 von Oana Cîrpanu. Seit 2019 ist dieser inklusiv und ermöglicht Jugendlichen mit und ohne Behinderungen an dem Theaterspielclub teilzunehmen. Denn trotz zahlreicher unterschiedlicher Angebote im Freizeitbereich für Menschen mit und ohne Behinderung, ist eine inklusive Theatergruppe mit Jugendlichen kein gängiges Bild auf deutschen Bühnen.
Welche inklusiven Ansätze im Jugendclub erprobt werden, haben Oana Cîrpanu und Luca Hieret aus der Perspektive der Spielclubleitung und der Teilnehmendenperspektive untersucht. Der Artikel „Inklusive Ansätze erproben! Arbeits- und Wirkungsweisen im Jugendclub Banda Agita“ erschien am 5.07.2024 in der Fachzeitschrift ixypsilonzett: darstellende Künste & junges Publikum: Vermittlungskunst (07/2024) erhältlich über den Verlag Theater der Zeit. Unser Blog-Redaktionsmitglied Lama Ali hat Oana und Luca dazu näher befragt:
Liebe Oana, liebe Luca, im Artikel kommt das „Trilemma der Inklusion“ vor. Könntet ihr uns einen kurzen Einblick geben, was das „Trilemma der Inklusion“ ist und warum ihr diese Theorie in dem Artikel benutzt?
Das Trilemma der Inklusion von Mai-Anh Boger führt Definitionen und theoretische Ansätze zu ‚Inklusion’ aus unterschiedlichen Fachdisziplinen sowie Betroffenenbewegungen zusammen und wertet diese aus. Inklusion setzt sich hierbei aus drei Thesen zusammen:
- Inklusion als Empowerment beinhaltet, ein positives Selbstbild zu haben, eingebunden und gehört zu werden.
- Inklusion als Normalisierung setzt voraus, dass jede*r selbstverständlicher, gleichgestellter Bestandteil der Gesellschaft ist.
- Inklusion als Dekonstruktion löst Kategorien wie “Behinderung” auf, oder stellt sie zumindest in Frage. Das Trilemma besteht darin, dass immer nur zwei dieser Thesen gleichzeitig wirken können1.
Ziel des Artikels ist es exemplarisch aufzuzeigen, wie diese Ansätze in unserem Prozess und auf der Bühne erlebbar sind.
Welche sind eure drei Haupterkentnisse aus eurer Untersuchung?
- Wie Boger hervorhebt, kann Inklusion nie umfassend verwirklicht werden, aber es ist möglich, inklusive Momente zu schaffen.
- Es ist immer kontextbezogen, welcher Inklusionsansatz im Vordergrund steht.
Bei „Banda Agita“ legen wir besonders Wert auf inklusive Prozesse, welche alle Spieler*innen auf unterschiedliche Art und Weise empowern, ihre eigenen Ideen einzubringen und durchzuführen. Durch das jahrelange Bestehen des inklusiven Jugendclubs erhoffen wir uns auch, dass ein diverses Ensemble als etwas „normales“ und selbstverständliches gesehen wird. Durch die Art und Weise der Inszenierung hinterfragen wir zudem Normen und dekonstruieren nach Möglichkeit festgefahrene Sehgewihnheiten und Denkweisen.
- Es ist entscheidend, Räume zu schaffen, welche Jugendlichen gesellschaftliche Teilnahme ermöglichen und auf ihre Bedürfnisse abgestimmt sind.
Was wünscht ihr euch für die Zukunft?
Oana: Ich wünsche mir, dass Zugänglichkeit in allen künstlerischen Prozessen des Theaters mitgedacht und somit die Strukturen nachhaltig verändert werden.
Luca: Ich wünsche mir, dass sich in Theaterräumen mehr Zeit genommen wird, weil sonst kreative inklusive Prozesse eingeschränkt werden.


Oana Cîrpanu ist Co-Leitung der Theaterpädagogik, sowie Regisseurin des Jugendclubs am GRIPS Theater. Sie ist Vorstandsmitglied der GRIPS Werke e.V. Ihre Theaterinzenierungen mit dem Jugendclub Banda Agita wurden mehrfach ausgezeichnet und zu Festivals eingeladen (Rampenlichter Festival 2021, Tanztreffen der Jugend 2021, 2.Berliner Präventionspreis2021, Theatertreffen der Jugend 2023).
Luca Hieret war ein Jahr Teil der Banda Agita und Inszenierung TRAU DICH, welche 2023 beim Theatertreffen der Jugend eingeladen war. Sie studiert Soziale Arbeit und leitet ein Assistenz Team im persönlichen Budget.

Aktuelle Produktion des Jugendclubs: HALT- eine Theaterproduktion über (junges) Leben:
Infos, Karten, Termine: https://www.grips-theater.de/de/stuecke/banda24/104
Teaser: https://youtu.be/eEKAikpOAdk
- Mai-Anh Boger (2015): Theorie der trilemmatischen Inklusion. In: Schnell, I. (Hg.): Herausforderung Inklusion. Theorie und Praxis. Bad Heilbrunn, S.51-62. ↩︎