Probe mit Hamster und Gruseln – Der Kinderclub im digitalen Raum

ZITTERN & BEBEN – Kinderclub beschäftigt sich mit dem Thema Angst.

Jeden Dienstag, kurz vor halb fünf, gab es letztes Jahr im Studio 4 des GRIPS Podewil das gleiche Bild: Kinder, die ausgelassen herumrennen und fangen spielen, während andere dicht beieinander stehen und sich kichernd die neusten Erlebnisse aus der Schule erzählen. Und um 16.30 Uhr gingen sie dann los, die  Proben des Kinderclubs Rakete Jetzt! Dort wurde gespielt, sich ausgetauscht, leidenschaftlich diskutiert, geschrieben, gezeichnet, mit vollstem Körpereinsatz geschauspielert und getanzt. Im Verlauf mehrerer Monate entstand dabei ein eigenes Stück, das im  Februar auf der Bühne des Podewil Premiere feierte – als letzte GRIPS-Produktion vor dem bundesweiten Lockdown im Frühjahr dieses Jahres.

Diese Spielzeit beschäftigt sich der Kinderclub unter dem Arbeitstitel „ZITTERN UND BEBEN“ mit dem Thema Angst. Als sich die Rakete dann in diesem Herbst wieder getroffen hat, war vieles anders: Wir waren nur noch halb so viele Kinder wie im Jahr zuvor, der Boden in unserem Probenraum war übersät mit Klebebandstreifen, die Abstände anzeigen sollen, und um sich bei Bewegungsspielen nicht zu nahe zu kommen, waren alle mit genau abgemessenen und zurechtgeschnittenen Poolnudeln ausgerüstet. Die Coronapandemie hatte also auch hier ihre Spuren hinterlassen. Gereicht haben diese Maßnahmen leider trotzdem nicht. Obwohl wir alles daran gesetzt haben, um ein sicheres Proben zu gewährleisten, mussten wir aufgrund eines entsprechenden Senatsbeschlusses unsere physischen Treffen einstellen – wie so viele theaterpädagogische Projekte Berlins auch. 

Zoom statt Probenraum

Digitale Theaterprobe: Der Kinderclub beschäftigt sich diese Spielzeit mit dem Thema Angst.

Das heißt jedoch nicht, dass die RAKETE damit für diese Spielzeit beendet wäre. Wir kommen auch weiterhin jeden Dienstagnachmittag zusammen, nun allerdings via Zoom. Damit sind unseren Proben erst einmal gewisse technische Hürden gesetzt, da alle eine stabile Internetverbindung, einen ausreichend leistungsfähigen Computer und die entsprechende Software brauchen. Wenn diese Dinge vorhanden sind, bietet der digitale Raum jedoch eine aufregende neue Probenplattform. Denn in der RAKETE spielt das Austauschen von persönlichen Erfahrungen und Geschichten immer schon eine große Rolle, gemeinsam erforschen und befragen die Kinder ihre eigenen Lebenswelten. Und plötzlich rückt all das viel näher. Der eigene Hamster, die Lieblingskuscheltiere, die Poster an der Wand oder der Ausblick vom Balkon – auf einmal gibt es unglaublich vieles, das gezeigt und vorgestellt werden will. 

Auch inhaltlich bekommen die Dinge nun eine ganz andere Greifbarkeit. Dieses Jahr beschäftigt sich der Kinderclub mit dem Thema Angst und dank Zoom ist es plötzlich möglich, ganz genau zu zeigen, wo auf dem Regal die Gegenstände stehen, deren schattenhafte Umrisse das Kinderzimmer nachts zu einem unheimlichen Ort machen. Die Probe findet genau auf dem Wohnzimmersofa statt, auf dem einst der erste gruselige Film geschaut und das Fürchten gelernt wurde.

Trotz allem überwiegt die Sehnsucht

Neben all diesen spannenden Aspekten können Theaterproben via Zoom aber auch anstrengend sein. Denn eine Wohnung ist eben auch ein Ort, an dem gelebt wird, und so kann es passieren, dass plötzlich die kleine Schwester ins Zimmer geschlichen kommt, weil sie neugierig ist, was denn da denn so passiert, oder dass die Katze ungeduldig auf den Schoß klettert, weil sie gerade nicht die Aufmerksamkeit bekommt, die sie gerne hätte. Außerdem gibt es zwar Spiele, die sich auch per Webcam spielen lassen, aber einige Lieblingsspiele der Kinder funktionieren auf diesem Wege leider nicht.

Deswegen ist die Sehnsucht bei allen groß: Hoffentlich können wir uns bald wieder „in echt“ sehen!

Ein Text von Marco Aulbach.

ZITTERN UND BEBEN (AT)
Premiere: 5.2.2021 im GRIPS Podewil

Mit: Marie Charlotte Andree, Ravi Bertacco, Jannes Blanck, Katka Lou Knapp, Henriette F. Reininghaus, Lili Sahi, Mattis Turgay 

Leitung und Regie: Laura Mirjam Walter
Dramaturgie: Marco Aulbach
Assistenz: Lina Bähr

Ein Projekt der GRIPS Werke e.V. in Kooperation mit dem GRIPS Theater, gefördert durch das Deutsche Kinderhilfswerk und Kreuzberger Kinderstiftung.