Jubel hinter den Bildschirmen: Preise für GRIPS Theaterspielclubs

Nicht nur die Spieler*innen unserer Theaterclubs jubelten da, sondern das gesamte GRIPS Theater und besonders die GRIPS Theaterpädagogik: Unser Kinderclub „Rakete Jetzt!„, unser Jugendclub „Die Forscher*innen“ (seit der Spielzeit 21/22 unter dem neuen Namen „Club Teleskop„) und unser Jugendclub „Banda Agita“ sind mit ihren Produktionen mehrfach mit Preisen ausgezeichnet worden. Uns geben sie Einblicke, was die Preise für sie bedeuten, welche Herausforderungen die Pandemie mit sich gebracht hat und ob sie denn auch feiern konnten.

LEVEL FEAR – Ein Augmented Realitybuch des Kinderclubs „Rakete Jetzt!“ (Spielzeit 20/21)

Ausgezeichnet mit dem IKARUS 21.0, lobende Anerkennung im Rahmen des Fritz-Wortelmann-Preises der Stadt Bochum

LEVEL FEAR handelt von sieben computerspielbegeisterten Kindern, die beim Zocken eines Horror-Games plötzlich in das Spiel hineingesogen werden. Hier müssen sie sich ihren größten Ängsten und schlimmsten Alpträumen stellen, um die virtuelle Welt wieder verlassen zu dürfen.

Die Abenteuer, die sie dabei erleben, können die Zuschauer*innen hautnah miterleben. Dafür bekommen sie ein Buch zugesandt, das durch eine App zum Leben erweckt werden kann. Denn mittels AR-Technologie verwandeln sich die Buchseiten in eine Bühne im Miniaturformat, auf der 3D-animierte Avatare der Kinder ihnen die Geschichte vorspielen.

Wir sind sehr glücklich und stolz, dass mit LEVEL FEAR erstmals in der Geschichte des IKARUS eine von und mit Kindern entwickelte Produktion ausgezeichnet wurde. Diese Ehrung reiht sich ein in eine Vielzahl begeisterter Rektionen auf die Produktion und zeigt, dass das Experiment, Theaterpädagogik und Game Design in einen Dialog treten zu lassen, gelungen ist. Dem Kinderclub ist es tatsächlich gelungen, mit dem Augmented Reality-Buch eine komplett neues Theaterformat zu erfinden. Dies bestärkt uns in unserem Vorhaben, gemeinsam mit den Kindern von Rakete Jetzt! auch in der aktuellen Spielzeit wieder im Grenzbereich von Theater und Digitalität zu forschen. Immerhin geht es um nicht weniger als die Frage, wie sich die Kunstform Theater in einer zunehmend digitalisierten Welt entwickeln wird.

Foto: Delphine de Stoutz

Als Digital Natives sind die Kinder hierbei Expert*innen – nur unter ihrer Mitwirkung kann es gelingen, zu neuen Formen zu kommen, mit denen das Theater auch in Zukunft den Erfahrungen, Lebenswelten und Ansprüchen der Menschen gerecht wird und dank derer es ein Raum bleibt, in dem gesellschaftlich relevante Themen auf Augenhöhe mit dem Publikum verhandelt werden können.

Das Besondere bei der Arbeit an LEVEL FEAR war, dass wir aufgrund der Pandemie gezwungen waren, gemeinsam mit den Kindern komplett out-of-the-box zu denken. Der Kreativität derart freien Lauf lassen zu können, hat allen zwar großen Spaß gemacht. Dass selbst die verrücktesten und technisch anspruchsvollsten Ideen, die dabei aufgekommen sind, am Ende auch umgesetzt werden konnten, haben wir jedoch dem äußerst talentierten und motivierten Team an unserer Seite zu verdanken. Ohne diese Expert*innen aus den Bereichen Game Design und Illustration, die voller Leidenschaft an der Umsetzung von LEVEL FEAR mitgearbeitet haben, wären die ambitionierten Visionen des Kinderclubs wohl nie Wirklichkeit geworden. Denn eines haben wir aus zahllosen durchwachten Nächten, Krisen-Telefonaten mitten im Sommerurlaub und phasenweise kaum vorhandener Freizeit gelernt – Digitaltheater ist toll, doch es macht auch eine Menge Arbeit.

Ein kostenloses Exemplar des Buches kann unter Angabe der Postanschrift bei walter[at]gripswerke.de bestellt werden.


HARTE ARBEIT des Jugendclubs „Die Forscher*innen“ (Spielzeit 20/21)

Ausgezeichnet mit dem Dieter-Baacke-Preis für außergewöhnliche medienpädagogische Projekte “Projekte von und mit Jugendlichen” sowie mit dem Hauptpreis des deutschen Multimediapreises 2021 in der Kategorie 11-15 Jahre

Willkommen in Hexagonia, der Welt der erfüllenden Tätigkeiten, der knackevollen Konten und der einzigartigen Glücksmomente! Hier ist einfach alles möglich und alle können gewinnen. Die einzigen Bedingungen: frische Ideen, Engagement, gutes Zeitmanagement, Flexibilität und ein achtsamer Blick aufs eigene Glückskonto.

Mit etwas Ehrgeiz, Fleiß und schlauen Investitionen kannst du es hier zu etwas bringen und kommst ganz groß raus. Nur wer Fehlentscheidungen trifft oder seine Zeit verbummelt verliert und fängt von vorne an. Beweise dich in einer Welt, in der alle heiß aufs Geld und scharf aufs Glück sind und teile dir deine Zeit klug ein. Traust du dich, nach mehr zu streben? Von Höherem zu träumen? Die Früchte deiner eigenen Hände Arbeit zu ernten? Dann bist du genau richtig – hier, wo harte Arbeit noch belohnt wird.

Doch was passiert, wenn es gar keine Fehlentscheidung braucht, um zu verlieren? Wenn du immer nur Glück säst und dennoch Arbeit erntest? Leistest Du zu wenig? Oder leistet die Arbeit nicht, was sie verspricht? Ihr steht vor der Wahl: Entweder ihr arbeitet weiter wie bisher. Oder ihr traut euch anders zu arbeiten.


Uns bedeutet es sehr viel, dass wir für dieses nur zeitlich begrenzte Online-Theater-Game-Erlebnis noch ein halbes Jahr nach seiner Aufführung so viel Anerkennung bekommen. Normalerweise ist Theater ja sehr flüchtig – mit den Preisen und all der Aufmerksamkeit fühlt es sich jetzt viel weitreichender an als gedacht. Es ist toll, für ein Projekt ausgezeichnet zu werden, bei dem wir bis zum Schluss nicht genau wussten, ob es überhaupt funktionieren würde. Diese Unsicherheit wird jetzt belohnt durch großen Stolz – darüber, dass wir uns mit den Jugendlichen in diesem wackeligen und riskanten Prozess geschmissen haben.

HARTE ARBEIT sollte ja ursprünglich vor Ort im GRIPS Theater aufgeführt werden, lange wollten wir ein Live-Spiel im Hof des Podewils inszenieren. Pandemiebedingt mussten wir uns allerdings Alternativen überlegen, da im Laufe des Projektes klar wurde: Eine Live-Aufführung vor Ort wird nicht möglich sein. Dafür haben wir dann die Plattform GatherTown ausgewählt. Stück für Stück mussten sich sowohl Projektleitung als auch Jugendliche die Plattform erst aneignen und sich das zunutze machen, was wir für die Umsetzung unseres interaktiven Spiels brauchten.

Die so entstehende Mischung aus Theater und Computerspiel war etwas sehr Neuartiges für Beteiligte und Publikum: In der endgültigen Aufführung konnte sich das Publikum frei in einem von der Gruppe gestalteten digitalen Raum namens “Hexagonia” bewegen. Zugleich gab es Spielregeln, die in Form von Videos, oder Liveansagen der Spieler*innen verkündet wurden. So entstand ein komplexes Kommunikationsgeflecht, dass das Publikum sozusagen als Gamer*innen auf Trab hielt. Zudem gab es analoge Aufgaben, die das Publikum auszuführen hatte, um sie dann wieder in die digitale Spiel- und behauptete Arbeitswelt einzuspeisen.  All diese Ebenen wurden live geleitet und getragen von den Jugendlichen.

Ein großer Vorteil von theaterpädagogischer Arbeit ist, dass man sich nicht alles alleine ausdenken muss. Wir als Leitung und Bühnenbild geben Impulse in die Gruppe. Die Gruppe macht daraus etwas ganz Neues, Überraschendes daraus und damit arbeiten wir als Team dann wieder weiter, geben neue Impulse. In so einem Prozess hat man eigentlich immer das Gefühl, kleine Schritte zu machen – das ist auch im emotionalen Lockdown-Tief möglich.

Fotos: Yannick Papenfuß

Beim Deutschen Multimediapreis mb 21 konnten wir mit allen Jugendlichen in der GRIPS Box die Verleihung per Videolivestream verfolgen und uns von dort aus zum Interview nach Dresden schalten zu lassen. Das war ein sehr schöner Anlass, unsere gemeinsame Arbeit mal so richtig zu feiern und darauf anzustoßen! Und auch die Dieter-Baacke-Preisverleihung in Erfurt konnte von der Gruppe per Livestream mitverfolgt werden. Es war sehr schön und aufregend für die Jugendlichen, diese so späte Anerkennung für die flüchtige Arbeit im Lockdown der letzten Spielzeit zu bekommen, nachdem das Projekt ja doch schon eine ganze Weile zurückliegt.

In der nächsten Produktion wird es um Innovationen gehen, um all die großen und kleinen Ideen, die unsere Welt verändern oder früher verändert haben. Wir fragen uns: Wo, wie und warum entsteht eigentlich eine Idee? Was passiert da im Gehirn und was in der Gesellschaft?

Und: Ab dieser Spielzeit heißen wir „Club Teleskop“ !


Geh,fühle! Ein filmisches Tanztheater“ (19/20) und „GENUG! Eine bewegte Stadterkundung“ (20/21) des Jugendclubs Banda Agita

„Geh,fühle!“: Eingeladen zum Tanz- und Theaterfestival Rampenlichter und zum Tanztreffen der Jugend
„GENUG!“: Ausgezeichnet mit dem 2. Platz des Berliner Präventionspreis

„Geh,fühle! Ein filmisches Tanztheater“ erforscht das Thema Nähe und Distanz vor und während COVID-19. Eigentlich geplant als Tanztheaterstück entstand am Ende der Produktion ein Film aus dem gesammelten Bewegungs-, Text- und Videomaterial des ganzen Jahres und Sequenzen, die wir noch extra gedreht haben. Auf diese Weise geben wir filmisch einen Einblick in die verschiedenen Phasen unseres Projektes: Vor COVID (November 2019) und während COVID (März bis September 2020). Am Ende wagen wir einen Blick in die von uns sehr herbeigesehnte Zukunft. Den gesamten Film gibt’s auf unserem GRIPS Blog in der Kategorie „Bewegen“ zu sehen!

Die Produktion „GENUG! Eine bewegte Stadterkundung“ der Spielzeit 20/21 wurde mit dem 2. Platz des Berliner Präventionspreises ausgezeichnet. Mit der Verleihung dieses Preises wurden Projekte  von der Landeskommission Berlin gegen Gewalt ausgezeichnet, die in der Corona-Pandemie den Kontakt mit jungen Menschen gesucht und Möglichkeiten der Partizipation in künstlerischen Projekten angeboten haben, um die Resilienz junger Menschen zu stärken.

Der inklusive Jugendclub probte von November 2020 bis April 2021. Die Spieler*innen erkundeten ihre Stadt, schickten Postkarten herum, bekamen Pakete nach Hause, bauten in online Proben das eigene Zimmer zur Bühne um und tanzten. Allein und doch zusammen. Sie nahmen sie den öffentlichen Raum unter die Lupe und erlebten ihn auf unterschiedlichste Weise. Aus diesem Prozess entstand der Kurzfilm GENUG!, welcher live auf der Bühne endet. Er wirft neue Blicke auf die Stadt und wie wir uns darin bewegen sowie begegnen möchten.