Einladung zur Filmvorführung der Dokumentation „Endstation Schlesien“
Der Förderverein „mehr grips“ lädt am Freitag, 20. September 2024 um 19:30 Uhr herzlich zur Filmpräsentation „Endstation Schlesien“ in GRIPS am Hansaplatz ein, um Kartenreservierung wird gebeten. Regisseur Peter Adler, Kameramann Hans-Jörg Reinel und Produzent Carsten Krüger werden anwesend sein.
Schon 1986, direkt nach der Uraufführung Ende April, zeichnete sich ab, wie erfolgreich unsere LINIE 1 werden würde. Das nahmen der Dokumentarfilmer und Journalist Peter Adler und Kameramann Hans-Jörg Reinert zum Anlass, mit ihrer Kamera in der echten U-Bahn-Linie 1 mitzufahren. Sie haben „einfach draufgehalten“ (O-Ton) und die Strecke vom Zoo zum Schlesischen Tor gefilmt. Und damit ein Zeitdokument geschaffen, bei dem man sehen kann, wie verblüffend genau und treffend Volker Ludwig und das ganze LINIE-1-Ensemble die Atmosphäre und den skurrilen Typenreichtum der Stadt auf die Bühne gebracht haben. „Endstation Schlesien“ nannten die U-Bahn-Fahrenden übrigens die damalige Endstation „Schlesisches Tor.
Der Dokumentarfilmer und Journalist Peter Adler im Gespräch
GRIPS: Wie seid ihr auf die Idee gekommen, so schnell nach der Uraufführung von LINIE 1 diese Dokumentation in der U-Bahn zu machen?
Peter Adler: Weil der Kameramann Hans-Jörg Reinel und ich uns das noch am Abend nach der Aufführung in den Kopf gesetzt haben – wir beide waren ja ständig mit der Linie 1 unterwegs, und ich habe in deren Umfeld als Reporter des „Tip“ und als Jungfilmer des SFB-Szenemagazins „“45 Fieber“ da schon ein paar Beiträge produziert. Wir wollten einfach das „wahre Leben“ in Berlin auf diese Weise mal zeigen.
GRIPS: Kannst du etwas die Zeit von 30. April 1986 bis September 1986 beschreiben: Warum war LINIE 1 so schnell so ein Erfolg in Berlin? Hat das Stück eine bestimmte Stimmung der Stadt getroffen? Oder war es die ungewöhnlichen Charaktere und Typen, die man damals so nicht auf den Bühnen gefunden hat?
Peter Adler: Von allem etwas. Berlin war damals einfach cool, ein Platz, wo fast alles möglich oder zumindest denkbar war. Das GRIPS Theater gehörte dazu.
GRIPS: Was war zuerst da: Ein Auftrag von Radio Bremen oder eure Idee? Und was ist „Die Filmprobe“?
Peter Adler: Eindeutig unsere Idee, die Carsten Krüger als Produzent diversen Kunden zeigen wollte, nachdem wir aber erst einmal was Vorzeigbares beigesteuert haben. Wir hatten dafür seine nagelneue „U-Matic Highband“ Ausrüstung bekommen und in seinem Studio (Cutterin Marion Richter nach ihrem Feierabend beim SFB) in der Feuerbachstraße einen Schnittplatz. Es gab weder bei Länge oder Machart Vorgaben. Den Zuschlag hat dann Gerd Widmer von Radio Bremen erhalten, die „Filmprobe“ war deren Format für absolute Newcomer beim Fernsehen.
GRIPS: Wo wurde der Film gezeigt? Kam er in die Kinos, ins Fernsehen?
Peter Adler: Nur im Fernsehen, und das nur einmal. Dann auf den „Duisburger Filmtagen“, einem Festival für Dok-Filme, und auf der Shortlist des Grimme-Preises (ging aber leer aus). Das Revival ging los, als ich den Film vor ein paar Jahren auf YouTube gestellt habe.
GRIPS: Aus heutiger Sicht wäre es ja nicht mehr möglich, einfach in der U-Bahn die Menschen zu filmen – war denn das damals noch so einfach möglich? Oder wie seid ihr da vorgegangen?
Peter Adler: Mein Wohnungsnachbar in Friedenau war niemand anderes als Herr Erich Kratky. Und der war der Chef der Berliner U-Bahn! Ein Film-Fan, der seine Wohnung auch als Drehort für Spielfilme zur Verfügung gestellt hat. Und der dann auch total auf meine Idee abgefahren ist. Wir bekamen einen Brief mit seiner Drehgenehmigung, und dieser Zettel hat bei Tag und bei Nacht ausgereicht, um wirklich überall und mit jeder und jedem reden und drehen zu können. Das waren Zeiten!
Der Filmkritiker Thomas Thieringer schrieb damals in der Süddeutschen Zeitung zum Film (1.9.1986):
„Immer der Linie, den Bahngleisen entlang, aus dem Untergrund in die Höhe Kreuzbergs bis zur Endstation, kurz vor der Mauer, dem Schlesischen Tor, beobachten Peter Adler und Hans-Jörg Reinel die Bewegungen der Leute, die von dieser Lebensader angezogen, ausgespuckt werden. Die Dramaturgie wird von der Bewegung bestimmt; die Geschichten ergeben sich aus den Fundstücken an den Haltepunkten. Zufallsbeobachtungen, Stimmungsbilder werden mit soziographischen Erkundungen am Dienstpersonal festgemacht. Berlin wird zwischen Opern-Kultur und „Orientexpress“-Exotik der Puls gefühlt. Ständig wechselt der Rhythmus, changieren die Farben, dringen neue Dialekte und Sprachen ans Ohr. Mit Francois Galvanis wehmütigen Saxophonklängen wird man hineingezogen in diese Bewegung, dieses Stadtabenteuer entlang der Linie 1. Wie benommen taucht man schließlich nach diesen Impressionen, diesen vielen großen und kleinen Geschichten wieder auf…. Ein Berlin-Bild, das ganz ohne Schönmalerei und Weihrauchtöne auskommt, das aus seinen harten Kontrasten eine aufregende Spannung gewinnt….“
Für alle, die es nicht schaffen, zur Filmvorführung schaffen, gibt es die Doku auch auf YouTube: