„Kinderrechte ins Grundgesetz“ – ein erster Schritt

Stellungnahme zum gefundenen Kompromiss der Regierungskoalition am 12.1.2021

Seit Jahren wird in der Regierung darüber verhandelt, ob und wie und v.a. mit welchen Wortlaut die UN-Kinderrechte ins Grundgesetz aufgenommen werden können. Eine Forderung, die nicht nur das GRIPS schon seit Jahren hat, sondern ein ganzes Aktionsbündnis.

Seit 12. Januar 2021 gibt es nun endlich einen Kompromiss zwischen Union und SPD für einen entsprechenden Wortlaut, der sich im zweiten Absatz von Artikel 6 der Verfassung wiederfinden soll:

„Die verfassungsmäßigen Rechte der Kinder einschließlich ihres Rechts auf Entwicklung zu eigenverantwortlichen Persönlichkeiten sind zu achten und zu schützen. Das Wohl des Kindes ist angemessen zu berücksichtigen. Der verfassungsrechtliche Anspruch von Kindern auf rechtliches Gehör ist zu wahren. Die Erstverantwortung der Eltern bleibt unberührt.“

Zitiert aus Bericht von ARD Tagesschau vom 12.01.2021

Der Wortlaut mag sich harmlos anhören, ist er aber nicht, denn: Soll das Wohl des Kindes „vorrangig“ berücksichtigt werden – oder „angemessen“? Ganz eindeutig und klar ist da die UN-Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen, hier ist vom „Vorrang des Kindeswohls“ die Rede:

„Bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, gleichviel, ob sie von öffentlichen oder privaten Einrichtungen der sozialen Fürsorge, Gerichten, Verwaltungsbehörden oder Gesetzgebungsorganen getroffen werden, ist das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt“ – und das sei der entscheidende Punkt – „der vorrangig zu berücksichtigen ist“.

UN-Kinderrechtskonvention

Das GRIPS Theater begrüßt zwar auch, dass mit dem am 12. Januar 2021 vorgelegten Gesetzentwurf der Bundesjustizministerin die Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz ein großes Stück näher rückt. Doch GRIPS-Leiter Philipp Harpain unterstreicht auch, dass die  vorgebrachte Formulierung den Kindeswohlvorrang und das Recht von Kindern und Jugendlichen auf Beteiligung noch nicht deutlich genug zum Ausdruck bringt. Insofern schließt sich auch das GRIPS Theater der Stellungnahme des Aktionsbündnis „Kinderrechte ins Grundgesetz“ vom 12.01.2021 an:

„Das Aktionsbündnis Kinderrechte (Deutsches Kinderhilfswerk, der Kinderschutzbund, UNICEF Deutschland, in Kooperation mit der Deutschen Liga für das Kind) begrüßt, dass die Bundesregierung sich nach zähem Ringen auf einen gemeinsamen Formulierungsvorschlag einigen konnte, der nun im Deutschen Bundestag diskutiert werden soll.Aus Sicht des Aktionsbündnisses ist der Vorschlag, wie er nun auf dem Tisch liegt, allerdings unzureichend. Dies betrifft beispielsweise die Formulierungen zum Kindeswohl sowie zum Recht des Kindes auf Beteiligung, die hinter der UN-Kinderrechtskonvention und auch hinter der geltenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zurückbleiben. Das Kindeswohl muss ein vorrangig zu berücksichtigender Gesichtspunkt sein, wenn auch nicht immer Vorrang haben. Dieses Ansinnen muss auch in der Formulierung für die Grundgesetzesänderung zum Ausdruck kommen. Darüber hinaus darf die Beteiligung von Kindern sich nicht auf das rechtliche Gehör beschränken, sondern muss als umfassendes Beteiligungsrecht formuliert werden. Gerade in der aktuellen Covid-19-Pandemie hat sich gezeigt, dass die Rechte und Belange von Kindern und Jugendlichen zu oft übersehen werden. Wir fordern alle Fraktionen im Bundestag deshalb auf, sich für eine Verbesserung der Formulierung stark zu machen und das parlamentarische Verfahren in diesem Sinne konstruktiv zu begleiten. In der Debatte um den endgültigen Verfassungstext müssen Kinder und Jugendliche selbst sowie Kinder- und Familienverbände beteiligt werden.“

https://kinderrechte-ins-grundgesetz.de/2021/01/12/einigung-der-koalition-inhaltlich-unzureichend/