Fakten und Zahlen über das Wechselmodell von „Woche – Woche“
Trennung von Eltern ist eine große Herausforderung, vor allem für die Kinder, die zwischen zwei Elternteilen hin- und hergerissen sind. So auch für den Protagonisten Nunu in „Woche-Woche“. Nunu und seine Eltern folgen einem Woche-Woche-Prinzip, in dem Nunu eine Woche bei seiner Mutter Zuhause und eine Woche bei seinem Vater Zuhause lebt. Die Familie vefolgt somit ein modernes Erziehungsmodell, welches eine Alternative zur klassischen Alleinziehenden-Familien schafft: Das Wechselmodell.
Bei dem verbringen Kinder gleich viel Zeit bei beiden Elternteilen und profitieren von deren geteilten Verantwortlichkeiten.1 Doch welche Vorteile und Herausforderungen bringt das Wechselmodell mit sich? Und warum ist es in Berlin besonders verbreitet? Dieser Blogbeitrag gibt einen Einblick in das Konzept, die rechtlichen Grundlagen, die Herausforderungen und den Stand der Debatte in Deutschland.
Eine stabile und emotionale Bindung zu beiden Elternteilen ist für Kinder besonders wichtig. Das Wechselmodell ermöglicht genau dies, indem es regelmäßigen Kontakt mit beiden Elternteilen für die Kinder sicherstellt. Zudem besteht für beide Elternteile die Möglichkeit, sich gleichberechtigt in die Erziehung einzubringen, dies schafft nicht nur Klarheit für das Kind, auch für die Eltern bietet das Modell Vorteile, da die Betreuung gleichmäßiger verteilt ist, was auch den Zugang zur Arbeitswelt und eine gerechtere Verteilung von Aufgaben erleichtern kann.2 Doch beinhaltet das Wechselmodell auch viele Herausforderungen, die durch logistische Probleme, wie beispielweise der Entfernung der Haushalte und die Nähe zu Kita und Schule, eine Rolle spielen können. Auch die berufliche Situation der Eltern, sowie das allgemein Verhältnis der Eltern zueinander können Herausforderungen mit sich bringen. So bedarf das Wechselmodell Kommunikation und viel Absprache, denn die Bedürfnisse des Kindes sind zentral; manche Kinder kommen gut mit häufigen Wechseln zurecht, während andere möglicherweise einen festen Lebensmittelpunkt bevorzugen. Hier sollten die Wünsche und das Wohl des Kindes stets an erster Stelle stehen.3
Rechtslage und gesetzliche Grundlagen:
Beim Wechselmodell gibt es rechtlich gesehen zwei Varianten: das „echte“ Wechselmodell, bei dem die Betreuungszeiten gleich verteilt sind, und das „unechte“ Wechselmodell, bei dem ein Elternteil mehr Zeit mit dem Kind verbringt, aber der andere Elternteil weiterhin über 30 % der Zeit betreut. Der Unterhalt im Wechselmodell wird nach beiderseitigem Einkommen der Eltern berechnet und als Barunterhalt betitelt. Eine praktische Lösung, wie ein Kinderkonto, in dem beide Elternteile einzahlen, ermöglichen die einfache Verwaltung von Kosten. Ein Wechselmodell kann auch gegen den Willen eines Elternteils gerichtlich durchgesetzt werden. Voraussetzung hierfür ist, dass beide Eltern erziehungsfähig sind, miteinander kooperieren und kommunizieren können. Doch sobald ein Elternteil das Modell ändern möchte, kann dies geschehen ohne das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu erhalten, dies ist jedoch rechtlich umstritten. Allgemein erkennt die deutsche Rechtslage das Residenzmodell klarer an. Im Residenzmodell, dass im § 1687 BGB verankert ist, darf der Elternteil, bei dem das Kind lebt, Alltagsentscheidungen allein treffen. Beim Wechselmodell hingegen tragen beide Eltern gemeinsam die gleiche Verantwortung. Eine explizite gesetzliche Regelung für das Wechselmodell gibt es nicht; hier wird nach dem Kindeswohl entschieden.4
In Berlin gibt es eine besonders hohe Anzahl an Trennungskindern:
In fast jeder dritten Familie sind die Eltern allein- bzw. getrennterziehend (33 %)5. „Vor allem Kinder zwischen sechs und acht Jahren (7,6 Prozent) und zwischen neun und elf Jahren (8,3 Prozent)“ wohnen abwechselnd bei beiden Elternteilen. Das Wechselmodell wird in ganz Deutschland von etwa 10–15 % der getrennten Familien angewandt wird.
Alleinerziehende sind in Deutschland oft besonderen sozialen und finanziellen Belastungen ausgesetzt, Gründe sind u.a., dass oft wegen der fehlenden Betreuungsmöglichkeiten nur in Teilzeit gearbeitet werden kann, und/oder der finanzielle Ausgleich über die Düsseldorfer Tabelle der ohnehin gering bemessene Kindesunterhalt oft gar nicht oder nur teilweise oder unzuverlässig gezahlt wird. Rund 40 % der alleinerziehenden Familien gelten als armutsgefährdet. Insbesondere Mütter leisten dabei mehr unbezahlte Care-Arbeit als Väter. Ein Modell wie das Wechselmodell kann hier eine Entlastung bieten, da beide Elternteile mehr Verantwortung übernehmen. Gleichzeitig kann das Wechselmodell jedoch auch für Alleinerziehende, die nicht über ausreichend finanzielle und zeitliche Ressourcen verfügen, schwierig zu gestalten sein.
Immer wieder führt das Wechselmodell in der Politik zu kontroversen Diskussionen.
„Die Diskussion über eine Festlegung des Wechselmodells als Regelfall nach einer Trennung stand durch einen Antrag der FDP 2018 im Bundestag im Raum, da es die elterliche Verantwortung stärken und dem Kindeswohl dienen sollte. Doch kritisierten Gegner die Einführung eines starren Modells und plädierten für individuelle Lösungen, die sich an den Bedürfnissen jedes Kindes und jeder Familie orientieren. Sowohl die Abgeordneten als auch die im Rechtsausschuss befragten Expert*innen lehnten den Antrag ab:
Für eine bessere Betreuung von Kindern geschiedener Eltern, aber gegen eine Festlegung auf das sogenannte Wechselmodell, hat sich die Mehrheit der Sachverständigen am Mittwoch, 13. Februar 2019, in einer Anhörung im Rechtsausschuss zu Anträgen der FDP-Fraktion und der Fraktion Die Linke ausgesprochen. Während die FDP das familienrechtliche Wechselmodell als Regelfall einführen wollte, war Die Linke gegen eine Festschreibung des Modells, bei dem die Kinder von beiden Elternteilen im Wechsel zeitlich annähernd gleich lang betreut werden, fordert aber eine Neuregelung des Unterhalts.
Der FDP-Antrag war 2018 bereits Thema einer Plenardebatte, wurde aber von den anderen Fraktionen abgelehnt.
Mehrere Expert*innen verwiesen in ihren Stellungnahmen auf die bereits seit Jahren zum Teil heftig und auch ideologisch geführte Diskussion zum Thema Wechselmodell. Auch sähen weder das Bundesverfassungsgericht noch der Bundesgerichtshof eine Pflicht des Gesetzgebers, getrennt lebenden Eltern eine paritätische Betreuung vorzugeben.“
https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2019/kw07-pa-recht-591622
Abschließend lässt sich sagen, dass das Wechselmodell eine flexible und gleichberechtigte Möglichkeit für getrennte Eltern bietet, die Erziehung ihrer Kinder gemeinsam gestalten wollen. Gleichzeitig zeigt es aber auch, wie komplex und individuell die Bedürfnisse von Kindern und Eltern nach einer Trennung sein können. Bei der Entscheidung für das Wechselmodell oder eine andere Betreuungsform sollte daher immer das Wohl des Kindes im Mittelpunkt stehen.
- „Das Wechselmodell“: https://familienportal.berlin.de/artikel/wechselmodell-bei-der-kinderbetreuung Letzter Zugriff: 25.10.24 ↩︎
- Ein Kind, zwei Zuhause https://www.dji.de/themen/eltern/das-wechselmodell.html Letzter Zugriff: 25.10.24 ↩︎
- „Allein- oder getrennterziehen –Lebenssituation, Übergänge undHerausforderungen“ https://www.bmfsfj.de/resource/blob/184762/dccbbfc49afd1fd4451625c01d61f9%206f/monitor-familienforschung-ausgabe-43-allein-oder-getrennterziehen-data.pdf Letzter Zugriff: 26.10.24 ↩︎
- „Wechselmodell: Inhalt und Pflichten für Sorgeberechtigte“ https://www.anwalt.de/rechtstipps/wechselmodell Letzter Zugriff: 31.11.24 ↩︎
- „Zahlen und Fakten zum Thema Trennung und Scheidung“: https://www.familienbeirat-berlin.de/fileadmin/Startseite/PDF/Familien_2023.pdf. Letzter Zugriff 1.11.24 ↩︎
- https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2019/kw07-pa-recht-591622 Letzter zugriff 03.11.24 ↩︎