Das GRIPS Theater hat eine der bundesweit größten theaterpädagogischen Abteilungen. Neben den vielen Angeboten für Kinder und Jugendliche rund um unsere Theaterstücke lädt der Fortbildungsbereich alle pädagogischen Multiplikator*innen, vom Grundschullehrer bis zur Jugendtreffleiterin, dazu ein, sich intensiv mit dem Theater und den Inhalten unserer Stücke auseinanderzusetzen, um den GRIPS-Geist in die eigene Praxis mitzunehmen. Unsere Pressereferentin Anja Kraus sprach mit den Theaterpädagog*innen Wiebke Hagemeier und Fabian Schrader, die den Fortbildungsbereich in der Spielzeit 21/22 leiten.
Wie können Lehrende von theaterpädagogischen Methoden profitieren?
Theaterpädagogische Methoden lassen sich hervorragend in die eigene pädagogische Arbeit integrieren, um Kindern und Jugendliche andere Herangehensweisen im Unterricht zu eröffnen. Nicht immer muss das in einer opulenten Theateraufführung enden, wie manche vielleicht annehmen, die Stärke der theaterpädagogischen Arbeit liegt im Lernen in Bewegung und im Austausch miteinander jenseits von richtig-falsch. Ein spielerischer Zugang eröffnet neuen Blick auf einen selbst, auf die Gruppe und auf einzelne Schüler*innen.
Sich selbst suchend und kreativ erfahren macht Spaß und regt an, es auch selbst im Unterricht zu probieren. Deshalb erfahren alle Multiplikator*innen unserer Fortbildungen alle Methoden praktisch, reflektieren sie und werden von uns ermutigt, diese mitzunehmen, zu erweitern und anzupassen. Wir erheben kein Patent auf Methoden, denn Bildung sollte nicht kommerzialisiert sein.
Oft blühen Kinder und Jugendliche in theatralen Übungen auf, die in “normalen” Lernsettings nicht so hervorstechen, oder sogar ihre Probleme damit haben. Sich selbst kreativ mit anderen erleben, stärkt das Selbstbewusstsein, eröffnet neue Perspektiven und stärkt den Klassenzusammenhalt und bringt vor allem jede Menge Spaß. Für Pädagog*innen ist es oft ein spannender Moment, ihre Gruppe und deren Fähigkeiten nochmal neu kennenzulernen.
Kreativität ist nicht angeboren. Das kann man üben. Und je mehr man sich traut und die eigene Handlungsfähigkeit schult, desto selbstverständlicher können Menschen sich auf sie in den verschiedensten Situationen verlassen und neuen Situationen mit Neugier begegnen. Und was für Kinder gilt, gilt für Erwachsene allemal, wir lernen ja alle nicht aus.
Welche Methoden sind das? Was blüht einem da?
Unsere Fortbildungsangebote sind in erster Linie praktisch – das heißt, viel mit Sitzen und in der Großgruppe reden ist da nicht. Bereits das Kennenlernen erfolgt spielerisch. Uns ist wichtig, dass unsere Teilnehmer*innen in wirklichen Kontakt und Austausch kommen, um Seilschaften zu knüpfen. Das jeweilige Thema einer Fortbildung bearbeiten wir meist in dem Dreischritt: Ich, Du, Wir. Über einen persönlichen Zugang zum Thema erfolgt der Austausch mit den anderen und mündet am Ende in einer Präsentation der ganzen Gruppe für die Gruppe. Das sind mal Bewegungsspiele, mal Schreibaufgaben, mal choreografische Ansätze, mit Standbildern Orte und Situationen erkunden und kleine szenische Aufträge, die immer an der Lebensrealität der Multiplikator*innen ansetzen. Dafür muss niemand Schauspieler*in sein oder besonders bühnenerfahren – Spielfreude und Neugier sind das wichtigste, um den Rest kümmern wir uns.
Welche Fortbildungen bietet ihr an und wem empfehlt ihr warum diese?
Wir bieten Fortbildungen für ein ganzes Schulkollegium an, dann rücken wir meist mit geballter GRIPS Power als gesamtes theaterpädagogisches Team an und führen die Kolleg*innen spielerisch zusammen. Referendariatsgruppen und kleinere Gruppen ab 10 Personen können aus unserem umfassenden thematischen Angebot wählen – von “Theater in der Kita” über “Szenisches Schreiben im Unterricht” bis hin zu digitalen Angeboten wie “Theater zwischen Bühne und Bildschirm” ist für jede Gruppe etwas dabei. Eine generelle Empfehlung (außer “Kommt zu uns! Das wird fetzen!”) haben wir dabei nicht, wir beraten jede Gruppe individuell und gehen auf ihre Bedürfnisse ein.
Für Einzelpersonen bieten wir regelmäßig offene Fortbildungen zu bestimmten Themen an, die wir in unseren Stücken und im aktuellen politischen Geschehen verwurzelen. Jede*r, der Lust hat, sich methodisch und thematisch weiterzuentwickeln, ist da herzlich gern gesehen. Dieses Jahr hatten wir schon “TheaterKlimaAktionen” und unseren Klassiker “Hau einfach raus!”, eine Fortbildung im Improtheater, nächste Spielzeithälfte thematisieren wir mit “Queereinstieg – geschlechtliche und sexuelle Vielfalt” und “Girlsplaining – Feminismus an der Schule?” auch Inhalte, die im klassischen Lehramtsstudium mitunter zu kurz kommen, aber nicht minder wichtig sind.
Ein Sonderprojekt der Fortbildungen ist der Praxisschock, der Slam der angehenden Lehrkräfte: In drei Workshops sind Lehramtsanwärter*innen, Quer- und Seiteneinsteiger*innen sowie Studierende im Praxissemester aller Fächer eingeladen, die eigenen Lehrerfahrungen mit Poetry Slam als Unterrichtsmethode und dem eigenen Schreiben auf die Bühne zu bringen. Im Praxisschock kommen diejenigen zu Wort, die ihr Leid, ihre Sorgen, aber auch all die skurrilen Situationen und die blanke Freude am neuen Lehrer*innendasein teilen und loswerden wollen.
Ein Highlight der Spielzeit ist auch unser Boxenstopp, eine TheaterIntensivWerkstatt. In diesem mehrtägigen Kompaktformat laden wir unterschiedliche Spielbegeisterte ein, den Prozess einer Stückentwicklung von der Idee bis Werkstattaufführung mitzuerleben und richtig vor Publikum aufzuführen.
Sind Sie schon neugierig geworden? Alle Informationen, Themen und Termine finden Sie auf unserer GRIPS Homepage. Alle Anfragen entrichten Sie bitte an fortbildung[at]grips-theater.de, unter welcher sie Fabian und Wiebke direkt erreichen. Wir beraten Sie gern, passen unsere Workshops auf Sie und Ihre Gruppe an –
und freuen uns schon auf Sie!
Gibt es auch noch die Stammtische für Lehrende, und falls ja: Was macht man da?
Gefühlt ist jede Fortbildung ein kleiner Stammtisch, da gibt’s Wiedersehensfreude, neue Menschen und auch viel Zeit für den Schnack zwischendurch. Mit unserem neuen Format “Durchblicken” führen wir ein konzentriertes Format dafür ein. Zu den öffentlichen Proben unserer neuen Stücke laden wir Multiplikator*innen ein, in einer kurzen Einführung etwas über unseren Prozess zu erfahren, als erste Gäst*innen kostenlos unsere Produktionen schon vor der Premiere zu sichten und sich anschließend in lockerer Runde mit uns über die Inszenierungen auszutauschen.
Und was habt ihr als Theaterpädagog*innen von diesen vielen Fortbildungen?
Uns als Theaterpädagog*innen ist es wichtig, immer nah an den Lehrkräften dran zu sein – sie sind oft unser direkter Draht zu den Kindern und Jugendlichen und in erster Linie unsere Kolleg*innen. Wir lernen deshalb (besonders in Corona-Zeiten), was gerade in den Schulen passiert, welche Herausforderungen der Lehralltag mit sich bringt und auch, welche spannenden pädagogischen Ansätze sie selbst verfolgen. Auch für uns ist es immer wieder eine Begegnung, denn jede Gruppe ist anders. Und auch wir lernen für unsere theaterpädagogische Praxis immer wieder dazu und bleiben deshalb fit – nicht immer bietet sich jede Methode für jede Gruppe an, dann ist schnelles Umdenken und Entscheiden gefragt. Diese Momente mögen wir am liebsten. Was am Ende auf unsere designierte Bühne kommt, wissen auch wir nicht bis zum Moment der Präsentation – das macht es auch für uns spannend und spaßig.
Wieso macht das GRIPS das, was hat das Theater davon? Als reine Werbemaßnahme sind die Fortbildungen etwas sehr aufwändig, oder?
Wir sind der Meinung, dass Kinder und Jugendliche durch Theater und theatrale Methoden auf ganz anderen Wegen lernen können und erfahren können, dass die Welt gestaltbar ist. Das wollen wir auf und hinter der Bühne vermitteln. Und dafür stärken wir Multiplikator*innen.
Als Berliner Institution sind wir mitten in der Stadt verankert, für uns bedeutet das auch, mit Multiplikator*innen aller Art vernetzt zu sein und mit ihnen gemeinsam zu agieren. Natürlich freuen wir uns, wenn die Pädagog*innen mit ihren Gruppen sich Theaterstücke bei uns angucken (bei Fortbildungen für ganze Gruppen ist dies eine Voraussetzung für einen kostenlosen Workshop) und wir über die Fortbildungen hinaus langfristige Partner*innenschaften formen.
Für uns ist das Fortbildungsangebot aber primär gedacht, dem Bildungsauftrag gerecht zu werden, den wir im Theater generell und speziell bei uns am Haus sehen. Zu uns kommen die Kinder und Jugendlichen meist nur punktuell, ihre Lehrer*innen und Pädagog*innen begleiten sie meist jahrelang und fast alltäglich. Damit der GRIPS Geist der Veränderbarkeit der Welt nachhaltig fruchtet, möchten wir auch Multiplikator*innen dazu ermutigen, immer nach kleinen und großen Stellschrauben zu suchen und mit ihren Gruppen gemeinsam Kiesel und Steine ins Rollen zu bringen.