Interview: Ausstatter Klemens Kühn über Ping-Pong zwischen Bühnenbild und Schauspieler*innen

Jonna Gröndahl, Hospitantin in der GRIPS Theaterpädagogik, im Gespräch mit Ausstatter Klemens Kühn über Bühnenbilder als Freiräume, Besonderheiten für Musiker*innen in der Inszenierung und Mitsprache bei der Kostümerstellung.

Ab dem 19. Januar 2023 heißt es im GRIPS Theater: „Zum Glück viel Geburtstag!“ Alle Infos zum Stück sowie Karten auf unserer GRIPS Homepage.


Für das Stück Geburtstag hast du das Bühnenbild und die Kostüme entworfen. Hattest du bei der Arbeit eine spezielle Abfolge, also zuerst das Bühnenbild und dann die Kostüme?  
Die Priorität bei dieser Inszenierung lag zuerst zuerst auf dem Bühnenbild, auch wenn das inhaltlich nicht logisch war. Bei dem Geburtstagsstück brauchte die Werkstatt viele Wochen Vorlauf, um den Bau im Zeitplan realisieren zu können. 

Klemens Kühn | © Felix Landbeck

Inwieweit bedingen die Ideen sich gegenseitig?  
Es kommt auch vor, dass ich mit den Kostümen anfange und sich daraus die Raumkonzeption entwickelt. In unserem Fall wurde noch sehr lange an dem Text gearbeitet und ich habe erst in den Proben verstanden, wie die Darsteller*innen damit umgehen und wie die Figuren konkret interpretiert werden. Ich versuche mit dem Kostümentwurf der Figur noch weitere Facetten zu geben, die den Schauspielerinnen helfen, viele Schichten und Details zu finden.  

Dein Bühnenbild ist sehr variabel und die Schauspieler*innen können das Bühnenbild bewegen. Was kann das leisten, warum war dir das wichtig.   
Für mich sind gute Bühnenbilder bewegliche thematische Installationen, die die Darsteller inspirieren und sie ermutigen, damit zu spielen. Im guten Fall ist es wie ein Pingpong: Ich mache den ersten Aufschlag, die Schauspieler*innen reagieren darauf, es verändert sich in den Proben und ich muss wieder neu darauf schauen, bis zur Premiere eine gemeinsame Sache daraus wird, mit der sich alle Beteiligten identifizieren.  
Es geht dabei nicht nur um die räumliche Beweglichkeit einzelner Bauteile, die wichtig ist, um die Dramaturgie des Stückes zu unterstützen. In unserem Bühnenbild gibt es auch einige Bereiche, die zu Beginn nur vage angedacht waren: Ein Ort heißt „Telefonzelle“ und ein anderer „das Versteck“. Das sind Freiräume, in denen Erfindungen während der Proben passieren. Und es macht Spaß, zu sehen, wie die Phantasie der Darsteller*innen sich in diesen Details entwickelt. 

Die Musiker*innen sind nicht nur auf der Bühne präsent, sondern in dieser Inszenierung auch in der Szene im Spiel dabei. Wie stark beeinflusst das dein Bühnenbild?  
Ich habe mit der Regisseurin von Anfang an darüber gesprochen, dass wir die Musiker*innen mit in das Bühnengeschehen einbeziehen wollen und sie nicht auf einer Seitenposition stehen sollen. Das ändert die Raumdefinition sehr stark. Durch Musik und Songs wird eine Inszenierung deutlich abstrakter und verrückter. Den Raum betrifft das im gleichen Maße. Ein Zimmer kann dann zu einer Traumwelt oder Innenwelt einer Figur werden. Wenn ein Schauspielerin anfängt zu singen, kann man die Zuschauer*innen mit Raum, Licht und Atmosphäre in sehr poetische Bilder entführen. 

Wie können die Kostüme den Schauspieler*innen helfen, ihre Rollen auszufüllen? Inwieweit gehst du auch auf Wünsche (in Bezug auf die Kostüme) der  Schauspieler*innen ein?  
Der Kostümentwurf sollte im besten Fall immer mit den Schauspieler*innen zusammen entstehen. Manchmal kenne ich einzelne Kolleg*innen schon. Dann fällt es mir leichter, einen zeichnerischen Vorschlag zu machen, über den wir gemeinsam sprechen. Wenn ich auf ein neues Ensemble treffe, ist es besser, erstmal einige Proben zu sehen. Nach der Zeichnung kommen meistens Anproben, wo ich kritisch überprüfen muss, ob die erste Idee wirklich für die Figur stimmt. Es macht auch Spaß mit den Schauspieler*innen bei den Anproben zu diskutieren, ob die Figur zum Beispiel viel zu große Hosentaschen hat, um darin tausend kleine Dinge zu sammeln. Solche Ideen werden auf jeden Fall realisiert. 

Welches sind die Herausforderungen, die Musiker*innen einzukleiden? Gibt es Dinge, die beachtet werden müssen, damit sie ihre Instrumente auf der Bühne sicher spielen können?  
Wir fragen die Musiker*innen meistens vorab, ob sie für den Umgang mit ihrem Instrument bestimmte Wünsche haben. Die Anpassungen sind aber meistens sehr kleine Details wie Ärmelabschlüsse oder die Weite von Kostümteilen. Wenn man die Kostümkonzeption gut begründen kann, machen die Musiker*innen auch sehr verrückte Ideen mit. 

Die ersten Kostümentwürfe für die Musiker*innen, © Klemens Kühn

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