Seit der Uraufführung von »Ab heute heißt du Sara« waren das GRIPS Theater und Inge Deutschkron eng befreundet. Das Stück basiert auf ihrer Autobiographie „Ich trug den gelben Stern“, in der sie berichtet, wie sie in Berlin während der Nazizeit überleben konnte. Ihre für sie unerwartet positiven Erfahrungen mit der jungen Generation waren für sie der Grund, ab 1990 neben Tel Aviv auch wieder in Berlin zu leben. Inge Deutschkron starb im Alter von 99 Jahren im März 2022. Das Theaterstück „Ab heute heißt du Sara“ ist ein fester Programmpunkt im Repertoire und wird es da auch bleiben, es dient vielen Berliner Schüler*innen als sinnlicher Einstieg für die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus.
Für Inge Deutschkron war die Zusammenarbeit mit Schulen, in denen sie u.a. als Zeitzeugin auftrat, eine der für sie wichtigsten Aufgaben. Darüberhinaus entwickelte und initiierte sie diverse Projekte, Stiftungen und Museen, u.a. das Blumenstrauß-Projekt, in dem Schüler*innen Gespräche mit Zeitzeug*innen führten. Da es kaum mehr Zeitzeug*innen gibt, die authentisch berichten könnten, haben – im Auftrag der Inge-Deutschkron-Stiftung und des Museums Blindenwerkstatt Otto Weidt – die Theaterpädagogin Stefanie Kaluza und der Jugendtherapeut Georg Piller intensiv recherchiert, um herauszufinden, wie man einen ähnlich emotionalen Zugang zu solch einer Geschichte finden kann.
Aus dieser Recherche entstand das Planspiel »Ecomisia«. Ziel ist es, u.a. Schüler*innen über den Lehrplan hinaus nicht nur über die Schrecken des Holocausts zu informieren, sondern sie für die Gefahren von Rechtsextremismus, Antisemitismus und Rassismus zu sensibilisieren, insbesondere der aktuellen Verbreitung rechtsextremer Ideologien.
Zielgruppe
Das GRIPS Theaters bietet das Planspiel kostenlos im Rahmen der Vorstellungsbesuche von „Ab heute heißt du Sara“, „#die Welle“ und „Das Heimatkleid“ an. Das Spiel richtet sich an Schulklassen ab der 9. Klasse, Studierende der Geschichts-, Politik- und Sozialwissenschaften, Sozialpädagogen, Museumspersonal und alle, die sich für das Thema Diktatur, Nationalsozialismus und Rechtsextremismus interessieren.
Aufbau und Idee von ECOMISIA
- Das Setting: Ein fiktiver, autoritärer Staat, in dem die Spieler*innen verschiedene Rollen und Aufgaben zugewiesen bekommen.
- Angeleitet wird ECOMISIA von einer der Theaterpädagoginnen des GRIPS Theaters
- Jedes Team spielt eine von sechs vorgegebenen Figuren, die für sie wichtige Lebensschritte gehen soll: Beruf auswählen, Ausbildung oder Studium absolvieren, eine eigene Wohnung finden, Freundeskreis aufbauen
- Dabei werden sie mit schwierigen Entscheidungen konfrontiert. Ein Beispiel: Das Team, das sich für ein Journalismus-Studium entschieden hat, soll im Rahmen seines Praktikums einen Text so umschreiben, dass eine regierungskritische Musikband negativ dargestellt wird, sonst bekommt es keine Praktikumsbescheinigung. Oder das Team, das ein Praktikum im Friseursalon macht, bekommt mit, wie der Chef einen Kunden denunziert, der schlecht über ein neues Regierungsgesetz geredet hat. Wie reagiert das Team gegenüber der Polizei?
- Bei allen Aufgaben haben die Teams immer einen Handlungsspielraum, in dem sie sich mit den entsprechenden Konsequenzen – als Täter*innen, Opfer, Mitwissende oder Stille Held*innen – positionieren können.
- Alle im Team sollen zusammen diskutieren und niemand ist mit Entscheidung allein. Die Teams spielen unabhängig voneinander.
Interessiert daran, in die Welt von „Ecomisia“ einzutauchen? Dann probiere es aus!
Anmeldung: Tel: 030 – 39 74 74 11 oder E-Mail: tp@grips-theater.de
Fragen: lama.ali@grips-theater.de
„Das Planspiel war sehr motivierend für unsere Schüler*innen. Als ich das Planspiel angekündigt hatte, wussten sie zunächst nicht, was auf sie zukommt. Sie waren aber von Minute Eins total dabei und haben sich mit ihren Figuren identifiziert. Sie haben am eigenem Leib erfahren, wie verführerisch eine Diktatur sein kann („Du bekommst 200€, wenn du in die Partei eintrittst.“) und wie viel es einem abverlangt, sich dem zu widersetzen. Erst im Nachgang haben sie realisiert, dass es sich um eine Diktatur handelt. Auch heute noch finden wir im Unterricht Parallelen zu dem, was sie im Planspiel erlebt haben. Es war ein sehr bereicherndes Projekt für meine Klasse und mich. Herzlichen Dank dafür!“
Miriam Fodor von der 10. Klasse der Georg-von-Giesche-Schule
Die Autor*innen: Georg Piller ist Psychotherapeut für Kinder und Jugendliche. Er entwickelt Planspiele und spielerische Konzepte im Bereich der kulturellen und politischen Bildung. Stefanie Kaluza ist Theaterpädagogin und Systemische Coach. Sie konzipiert und führt kreativ-künstlerische Projekte mit Kindern und Jugendlichen durch. Dabei geht es um Themen wie Umweltschutz, Frieden oder Identität.
Mehr zu Inge Deutschkrons Wirken gibt es in diversen Beiträge hier im Blog!