Am Freitag, den 27. Januar, übernehmen die Lehramts-Poet*innen aus dem Praxissemester die Bühne des GRIPS Podewil. Los geht’s um 20:00 Uhr, Karten gibt’s auf unserer GRIPS Homepage.
Im Vorfeld des diesjährigen PRAXISSCHOCK zeigen wir erstmals die Aufzeichnungen aus dem vorigen Jahr und sprachen mit Theaterpädagogin Anna-Sophia Fritsche über die Workshopreihe, die alle ein wenig zu Wortakrobat*innen macht.
Für mehr Poesie im Schulalltag!
Manche behaupten, die Lehrer*innenausbildung sei nicht die poetischste Zeit des Lebens – das ändern wir! In drei Workshops sind Lehramtsanwäter*innen aller Fächer eingeladen, die eigenen Erfahrungen aus dem Praxissemester mit eigenen Texten auf die Bühne zu bringen. Im Praxisschock kommen diejenigen zu Wort, die ihr Leid, ihre Sorgen, aber auch all die skurrilen Situationen und die blanke Freude am neuen Lehrer*innendasein teilen und loswerden wollen. Egal aus welchem Fach – alle Texte rund um die ersten Erlebnisse im Schuldienst sind beim Praxisschock gefragt.
Einblicke in den PRAXISSCHOCK 2022
Der PRAXISSCHOCK 2022 auf der Bühne des GRIPS Theaters am Hansaplatz gibt Einblicke in den Erfahrungsschatz der angehenden Lehrkräfte (Video und Schnitt: Giovanni Giuseppetti)
Interview mit Theaterpädagogin Anna-Sophia Fritsche
Wie kam es zu der Idee des Praxisschocks – und warum mündet er ausgerechnet in einem Poetry Slam?
Petra Anders hat das Format vor mittlerweile sechs Jahren ins Leben gerufen; sie forscht zu Poetry Slam und arbeitet als Professorin direkt mit Studierenden rundum Deutschdidaktik in allen Facetten. Ein Referendariat hat auch sie durchlaufen – eine Phase, die ihrer und auch unserer Einschätzung nach viel Reibungsfläche bietet, viel Raum braucht für Reflexion, Auseinandersetzung mit Schule als System, aber auch Zeit für Schulterschlüsse zwischen Kolleg*innen benötigt. Sie kam aktiv aufs GRIPS zu mit der Idee, den Poetry Slam für den Unterricht angehender Lehrkräfte nutzbar zu machen. Wir als GRIPS sind begeistert darauf eingegangen, weil wir davon überzeugt sind, dass es eine unglaubliche Chance ist, als angehende Lehrkraft die Methoden, die später auch mit den Schüler*innen genutzt werden, erst mal am eigenen Körper selbst zu erfahren.
Darüber hinaus ist Poetry Slam eine Variante der Verarbeitung von Themen und Gedanken, die einem selbst passieren. Das Referendariat oder allgemein der Weg zum Lehrer*innen-Sein ist ein harter Prozess, bei dem es total heilsam sein kann, ins eigene Schreiben zu kommen und sich dazu noch mit den Erlebnissen der Anderen zu identifizieren und zu solidarisieren. Die Herausforderung, eine Sprache für den eigenen mitunter steinigen Alltag zu finden, schafft eine Distanz zu den Dingen, welche die Situation wiederum leichter ertragen lässt. Das einmal erlebt zu haben, macht es dann auch leichter solche Erlebnisse den Schüler*innen zu ermöglichen.
Also nur was für waschechte Wortakrobat*innen? Oder klappt das auch mit Menschen, die bisher eigentlich nichts mit Schreiben am Hut hatten?
Vorerfahrung braucht keine*r unserer Teilnehmer*innen. Durch die professionelle Anleitung der Autor*innen, die in den Projekten dabei sind, allen voran die Autorin Kirsten Fuchs, die seit Jahren das Projekt begleitet, aber auch von Poet*innen wie Bas Böttcher und Lars Ruppel, haben alle die Chance ein bisschen mehr als vorher zu Wortakrobat*innen zu werden. Das Tolle am Poetry Slam ist, dass er so viele Stile haben kann. Alle sind eingeladen, sich mit den eigenen Themen und dem eigenen Schreibstil auseinanderzusetzen.
Dabei hat jeder Text bereits eine eigene Poesie, die dann in Zusammenarbeit geschliffen werden kann. Und eine eigene Sprachmelodie hat jeder Mensch, manchmal muss sie nur geborgen und angeeignet werden. Das lässt sich alles trainieren. Es gibt zwar Regeln für einen Slam, aber auch so viel Freiraum für den eigenen Ausdruck.
Welche Rückmeldungen habt ihr von angehenden Lehrkräften bekommen, was ziehen sie aus dem Praxisschock?
Allem voran das Gefühl, nicht allein zu sein mit den Themen und mitunter intensiven Gefühlen, die einem rund um das Lehrer*innenwerden begegnen. Es ist eine großartige Erfahrung, sich zu trauen, mit einem eigenen Text auf der Bühne zu stehen, gemeinsamen Frust zu spüren, aber auch herzhaft zu lachen. Die Teilnehmer*innen freuen sich ebenfalls darauf die Methoden, die in den Workshops aufkommen – die theaterpädagogischen, wie auch die Schreibübungen – im eigenen Unterricht anzuwenden. Insgesamt gehen sie also innerlich und methodisch gestärkt sowie miteinander solidarisiert aus diesem Projekt.
Und was erwartet mich als Zuschauer*in bei der Lesebühne am 27. Januar im GRIPS Podewil?
In diesem Jahr stehen ca. 20 Studierende aus dem laufenden Praxissemester der HU Berlin auf der Bühne. Daher haben wir uns als künstlerische Präsentation für die Lesebühne entschieden. Auch wenn der Poetry Slam als „Lyrik-Battle“ eine spielerische, bestärkende und verspielte Art der Bewertung ist, haben wir uns in dieser Edition entschieden, Abstand zu nehmen von jeglicher Art der Bewertung. Diese nimmt im Schulalltag bereits (zu) viel Raum ein, vor allem in pandemischen Zeiten. Wir freuen uns die Texte der Teilnehmer*innen in mehreren Themenkapiteln als Lesung zu erleben.
Die Workshopreihe leiten Kirsten Fuchs (Autorin), Prof. Dr. Petra Anders (HU Berlin) und Anna-Sophia Fritsche (GRIPS Theater).
Ein Projekt des GRIPS Theaters in Kooperation mit der Humboldt-Universität zu Berlin und dem Friedrich Verlag.