Baden gehn
Ein Sittenbild mit Musik
von Volker Ludwig und Franziska Steiof
Musik von Birger Heymann, Bettina Koch, George Kranz, Thomas Stiehler, Thomas Zaufke, Michael Brandt, Thomas Keller und Günter Noris
Uraufführung am 02.06.2003 im GRIPS Theater Berlin
Ein LIVE – Mitschnitt aus dem GRIPS Theater
Dauer: 2:36 h
„Arm, aber sexy“ – mit diesem drei Worten brachte Klaus Wowereit als Bürgermeister die Situation Berlins 2003 auf den Punkt. Diese Stimmung aufnehmend, hat Volker Ludwig gemeinsam mit Franziska Steiof eines seiner großen Stücke – nach LINIE 1 – geschrieben: Das große musikalische Gesellschaftspanorama BADEN GEHN.
Synopsis kurz:
Ein heruntergekommenes Freibad.
Bademeister und Rentner, Sinnsucher und Liebespaare, Lebensmüde und Glückskinder – normalerweise trifft sich ganz Berlin an seiner Riviera, dem Freibad. Aber an diesem Tag, kurz vor den Sommerferien, stehen sie vor verschlossenen Türen. Ihr stark sanierungsbedürftiges Freibad wurde von Amts wegen geschlossen. Die Stadt ist pleite. Eine bunte Mischung von Berlinerinnen und Berlinern lässt sich von einem Verbotsschild nicht von seinen Gewohnheiten abbringen, ignoriert die Absperrung und geht baden, an seiner Riviera: Dem Freibad.
Synopsis lang:
Pack‘ die Badehose ein und dann nix wie raus zum Hansaplatz!
Zille und Gottfried Benn, oder ganz einfach: Volker Ludwig lassen grüßen. Sei es die U-Bahn, die S-Bahn, ein Café, und jetzt also in BADEN GEHN: die verdorrte Liegewiese eines vom Senat geschlossenen Freibads – Volker Ludwig findet immer ein Örtchen in Berlin, wo er die schrägsten Typen der Stadt aufeinander krachen lassen und kleine Geschichte aus der großen Hauptstadt erzählen kann.
Pech nur, dass das marode Freibad „von Amts wegen“ geschlossen ist. Doch wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Eine bunt zusammengewürfelte Schar fest entschlossener Sonnenanbeter, Partner- und Sinnsucher, frühverrenteter Lehrerinnenzicken, Streber, Spieler, Pleitiers und Kiezcasanovas stürmt das geschlossene Bad.
Nach und nach entwickeln sich kleine Geschichten, die das Leben eben schreibt. Sehnsüchte werden verknüpft mit dem Großen und Ganzen und mit der Pleitestadt Berlin. Und alle zusammen wissen: die fetten Jahre sind vorbei. Macht nichts, verlieben kann man sich trotzdem: Herrlich zu sehen die Balz-Rituale vom „Sehen und gesehen werden“. Hier wird gekalauert, gezankt, geliebt und debattiert. Sommer in der Stadt eben.
Mit mitreißender Musik und schräg-schönen Texten besingt das herrlich verrückte Berliner Bade-Völkchen sein Dasein im Dunste allgegenwärtiger Wirtschaftsmalaise – und es ist jederzeit hitverdächtig! Komponisten der Neuköllner Oper und dem Texter Volker Ludwig ist diese wilde Mischung an fetzigen, gefühligen, wütenden, traurigen, hoffnungs- und lebensfrohen Songs zu verdanken.
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Das Motiv des BADEN GEHNs in all’ seinen Schattierungen:
BADEN GEHN als Erholung vom Alltag, aber auch als Schauplatz von Eitelkeiten und Komplexen, Sich-Entblättern, Sex, Erotik und dem Gegenteil, als Sprung ins Wasser, als Lust- und Selbstkasteiung, körperliche Konkurrenz, Meditation und Terror, als Banales im Absurden.
Schließlich:
BADEN GEHN von Beziehungen, Lebensentwürfen, Utopien, Illusionen, Gesundheit, guten wie bösen Hoffnungen.
BADEN GEHN als lakonische Haltung der Bürger einer Stadt, die längst pleite ist.
BADEN GEHN als Abendvergnügen im GRIPS Theater.
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TEAM:
Regie: Franziska Steiof | Bühne: Mathias Fischer-Dieskau | Choreographie: Vivienne Newport | Kostüme: Barbara Kremer | Dramaturgie: Stefan Fischer-Fels
Mit Thomas Ahrens, Frank Engelhardt, Michaela Hanser, Daniel Jeroma, Velia Krause, Dietrich Lehmann, Laura Leyh, Jens Mondalski, Mathias Schlung, Stephanie Schreiter, Nadine Warmuth und Jörg Westphal
Und der Rockband NO FUTURE: Beathoven (keys), Michael Brandt (guit),
George Kranz (drums) und Daniel Zenke (bass)
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Pressestimmen:
„Baden gehn“, der legitime Nachfolger der „Linie 1″, ist das Stück der Stunde, ein entspannt zynischer Blick auf den Berliner im Allgemeinen und den Rezessions-Berliner im Besonderen. … eine der sympathischsten Inszenierungen der Spielzeit und die einzige, die zur Berliner Armut eine unkitschige, nicht verlogene Haltung formuliert.“ (TIP)
„Kleine Geschichten fügen sich zu einer bescheidenen Berliner ‚comédie humaine‘ mit großartigem Ensemble … Ein Erlebnis: weil es im GRIPS, jenseits des allgemeinen Jammers, was Neues gibt: diese Stimmung schöner Gelassenheit.“ (Tagesspiegel)
„Dass Volker Ludwig nicht wirklich mehr auf Besserung hofft und trotzdem auf die Kraft des Privaten setzt, sagen wir ruhig: auf die Liebe, mit aller gebotenen Skepsis und aller unverzichtbaren Zuversicht, also ganz und gar nicht naiv, macht diese von Franziska Steiof beherzt inszenierte, durchweg hinreißend gespielte Grips-Produktion zum absolut realitätsgerechten Trostspender dieses Sommers.“ (Theater Heute)
„Der Ton ist trocken wie das Bassin, gallig wie die Realität und frivol wie die bundesweite Haushaltslage. Leicht und subtil meistern die Schauspieler ihre Typen und Klischees:“ (FAZ)
„BADEN GEHN zeigt, was ist, und legt den Finger in jede Wunde, mit Musike, also vergnüglich. Hinein in die gesamtberliner Gegenwart abseits vom Glamour der Neuen Mitte. Mit Kopfsprung ins volle Menschenleben. … Das macht Laune und Mut ist einfach das berlinischste, was die Hauptstadt gegenwärtig zu bieten hat.“ (Theater der Zeit)